Festivalrückblick 2019 - Filmfestgäste
Filmfestleiterin Irene Jung, Sandra Maischberger, Bundesgeschäftsführerin
Christa Stolle und Gynäkologin Dr. med. Gabriele Halder
Sandra Maischberger, Journalistin, Moderatorin und Produzentin ist als Gast bei
unserem Filmfest anwesend.
In ihrer Verantwortung als Geschäftsführerin und Produzentin
der Vincent TV GmbH wurden seit 2000 zahlreiche Reportagen, Dokumentationen
und Dokudramas realisiert, ebenso der Kinofilm der Regisseurin Sherry Hormann „Nur
eine Frau“.
Im Publikumsgespräch spricht sie über den ersten
sogenannten „Ehren“- Mord, der in Deutschland Schlagzeilen machte.
Für das Projekt entschied sie sich, weil sie der jungen Frau, die Opfer
von patriarchalen Gewaltstrukturen geworden war, eine Stimme geben wollte.
Und da der Fall so gut dokumentiert ist.
Für den argentinischen Dokumentarfilm „Que sea ley – Let it
Be Law“ ist die Berliner Gynäkologin Dr. med. Gabriele Halder anwesend.
Sie entdeckt dann doch erstaunliche Parallelen zwischen der Situation in Argentinien
und der in Deutschland, auch wenn natürlich im argentinischen Fall extremere
Schicksale zu beklagen sind: sie nennt Deutschland in dieser Hinsicht ein „Entwicklungsland“,
in dem Frauen nicht mehr mit einer flächendeckenden Versorgung für
Schwangerschaftsabbrüche rechnen können. Noch seien sie versorgt mit
den besten, in andern europäischen Ländern zur Verfügung stehenden
Medikamenten.
Zum Dokumentarfilm „Woman’s Voice India‘s Choice“, ist
Regisseur Shammi Singh für ein Publikumsgespräch anwesend.
Der Spielfilm „Ich gehöre ihm“, wird von der Jugendbotschafterin
Nadira Khalikova eingeführt.
Im Anschluss berichtet Sandra Norak darüber, was sie in ihrer Zeit in der
Prostitution gesehen hat: massiver Menschenrechtsverletzungen die nichts mit
Arbeit zu tun haben, Massenvergewaltigungen. Mit staatlichem Siegel, denn durch
die aktuelle liberale Gesetzgebung würde die Prostitution normalisiert,
glorifiziert, und würde junge Frauen nicht vor der schweren Gewalt und den
massiven Schäden gewarnt, die sie dort erfahren werden. Sie fordert eine Änderung
der aktuellen Gesetzgebung hin zum „Nordischen Modell“ mit einem
Sexkaufverbot,
Die serbische Produzentin Milena Garfield begleitet ihren Spielfilm „Šavovi – Stitches“ über
einen Skandal von massivem Kindesraub in Serbien. Ihr Werk wurde schon vielfach
ausgezeichnet, unter anderem mit einem Publikumspreis der Panoramasektion
der Berlinale 2019
Regisseurin Ella Antoni präsentiert ihren Film „Mulherada“,
im Kino Museum ...
... und zum Filmfrühstück im Frauencafé „achtbar“
Ella Antoni erzählte, wie sie während einer Feldforschung
in Brasilien im Jahr 2014 Carmen kennenlernte, Protagonistin des Dokumentarfilms
und sie ab diesem Moment wusste, dass sie einen Dokumentarfilm über
ihre Bewegung machen wollte. Das bedeutet, einer Bewegung von einfachen Frauen,
die eine solidarische ländliche Gemeinschaft ohne Männergewalt
an Frauen anstreben. Dazu müssen sie in vielen Fällen die „Disciplina“ anwenden,
bei der es den Männern drei Monate lang versagt ist, Karten zu spielen,
Alkohol zu trinken, abends wegzugehen und Sex mit ihrer Partnerin zu haben!
Und es funktioniert! meint Ella. Die Männer würden sie sogar dann
unterstützen, andere Männer zu „diziplinieren“.
Dr. Gisela Schneider vom DIFÄM (Deutsches Institut für Ärztliche
Mission) kann viele Fragen beantworten, die ihr von Moderator Thilo Brunk und dem Publikum zum Film „In the Name of Your Daughter“ gestellt
werden. Der Dokumentarfilm über Mädchen in Tansania, die in den
Schulferien vor der drohenden Genitalverstümmelung in ein Schutzhaus
fliehen, hatte die ZuschauerInnen aufgewühlt. Dr. Schneider gibt viele
Hintergrundinformationen, die die Problematik in einen größeren
Rahmen einordnen lassen.
Im Publikum sind auch einige Aktivistinnen anwesend,
die innerhalb der Städtepartnerschaft Tübingens mit der Gemeinde
Moshi in Tansania dort ein Projekt gegen Genitalverstümmelung unterstützen.
Sie können konkrete Informationen geben zur aktuellen Situation im Projekt
und denjenigen, die solidarisch aktiv werden wollten, den Kontakt anbieten.
Beryl Magoko hat mutig einen Film über ihre eigene traumatische Erfahrung
gemacht: als Kind erlitt sie Genitalverstümmelung und musste sich als
Erwachsene nun mit der Entscheidung konfrontieren, ob eine Wiederherstellungs-OP
anzugehen. Keine einfache Entscheidung, kann doch bei solchen Gelegenheiten
eine Retraumatisierung in Gang gesetzt werden.
Sie erklärt Moderatorin Susanne Jahn, dass es für sie extrem wichtig
ist, dass das Tabu gebrochen wird, über die Jahrtausende alte Praktik
nicht zu sprechen. Dass nicht nur physische sondern auch psychische Heilung
nur dann möglich ist, wenn das Erlittene angesprochen wird, auch mit
denjenigen, die als TäterInnen angesehen werden können; und wenn
besonders die Kommunikation zwischen Töchtern und Müttern darüber
möglich gemacht wird.
Chelo Alvarez Stehle erklärt im Gespräch mit Pola Hahn und dem
Publikum, wie sie dazu kam, ihren Film über Missbrauch in ihrer eigenen
Familie in Spanien und sexualisierte Gewalt in Indien und Mexiko anzugehen.
Und wie unglaublich lange sie dazu brauchte, um ihre eigene Geschichte auszugraben
und sich mit dieser zu konfrontieren – typisch für Opfer von Missbrauch
und anderen schwer traumatisierenden Gewaltformen.