Festivalrückblick 2019 - Schulvorstellungen
Unser besonderer Gast für den Thementag „Für eine Welt frei von
Prostitution“, Sandra Norak, wird schon am frühen Morgen in Tübingen
von Filmfestleiterin Irene Jung willkommen geheißen. Sandra kommt zur Schulvorstellung
von „Ich gehöre ihm – Loverboy“ im Kino Museum. Sie wird
begleitet von einem Kamerateam, das Dreharbeiten zu einem Dokumentarfilm über
die „Loverboy“-Methode durchführt.
Sandra wird den SchülerInnen viel über diese Methode erzählen
können, denn sie war sechs Jahre lang als deren Opfer in der Prostitution
gefangen. Inzwischen studiert sie Rechtswissenschaften und macht Aufklärungsarbeit
gegen die infame Methode, mit der Schulmädchen von Zuhältern in
die Prostitution gelockt werden.
Sie erklärt eindringlich die gravierenden traumatischen Folgen, die
Jahre in der Prostitution für junge Frauen wie sie bedeuten. Und dass
sie keineswegs ein Einzelfall war. Sie führt aus, dass diese Zuhälter,
nachdem sie die Mädchen verliebt, d.h. emotional abhängig von ihnen
gemacht haben, sie durch Manipulation und Zwang dann dazu bewegen, das zu
tun, was sie normalerweise nie und nimmer wollten, ihren Körper zu verkaufen.
Sandra erklärt eindringlich: „Wenn Euch euer Freund dazu bringen
will, Dinge zu tun, die ihr nicht wollt, vor denen Ihr euch ekelt oder fürchtet,
dann ist das keine Liebe!“
Sie beantwortet auch die Fragen der jungen ZuschauerInnen nach den Optionen,
wenn Frauen aus der Prostitution aussteigen wollen, dahingehend, dass es
Initiativen wie Sisters e.V. gibt, die diesen dabei helfen können.
Und dass das Nordische Modell mit einem Sexkaufverbot in ihren Augen der
einzige realistische Weg ist, wie den heutigen Sklavinnenmarkt mit schrecklichen
Gewalterscheinungen gegen Frauen und Mädchen auszutrocken. Indem die
Nachfrage wachsend eliminiert wird.
Die SchülerInnen, darunter viele Jungen, hören ihr gebannt und
bewegt zu. Viele Fragen schließen sich an. Nach einem ausführlichen
Gespräch zollen die Jugendlichen dieser mutigen jungen Frau ihren Respekt
und Applaus.
Am Tag nach ihrer Lesung kann Necla Kelek noch ein Publikumsgespräch
mit SchülerInnen führen, die zum Film „Nur eine Frau“ ins
Kino Museum gekommen sind. Dieser Spielfilm aufgrund einer realen Geschichte,
mit aus der Wirklichkeit genommenen Einblendungen, gibt der jungen Deutsch-Türkin
Hatun Aynur Sürücü, die Opfer eines „Ehren“mordes
wurde, eine Stimme, lässt sie ihre eigene Geschichte aus dem Off erzählen.
Necla kann aus ihrer Erfahrung einer Frau aus demselben Kulturkreis viel
zur Klärung der Fragen von SchülerInnen und LehrerInnen beitragen.
Besonders die LehrerInnen möchten Konkretes erfahren, wie denn mit den
Widersprüchen zwischen dortiger Kultur und hiesigen Grundrechten im
Schulalltag umgegangen werden kann.
Die Geschwister-Scholl-Schule hatte Chelo Alvarez Stehle eingeladen zu einem
Gespräch, nachdem sie ihren Dokumentarfilm „Sands of Silence – Waves
of Courage“ gesehen hatten.
Isabelle Baumann, die schon viele der Filmfest-Gäste in ihrer Schule empfangen
hatte, heißt Chelo und das Filmfest-Team willkommen.
.Auch hier ergeben sich viele Fragen an Chelo, die mit typischer spanischer
Redelust darauf eingeht. Sowohl sie als auch die SchülerInnen schaffen
es immer wieder, den Bezug zu unserer deutschen Wirklichkeit herzustellen.
Chelo besteht drauf: Missbrauch ist nicht auf bestimmte Kulturen oder Gesellschaftsschichten
beschränkt; auch hier in dem, was man gemeinhin als „behütete“ Verhältnisse
ansieht, gibt es selbstverständlich auch das Phänomen.
Nach dem ausführlichen Gespräch bekommt Chelo herzlichen Applaus
und ein Foto zusammen mit den SchülerInnen.