Highlights im Rahmenprogramm
An der hochkarätigen Gesprächsrunde unter dem Titel: „Sexkauf stoppen – Jetzt!“ die sich mit Prostitutionsmarkt, Menschenhandel und dem Sexkaufverbot im Rahmen des „Nordischen Modells“ beschäftigte, nahmen teil: die angehende Diplom-Juristin Sandra Norak, Kommissar Simon Häggström, Kommissar Helmut Sporer und Vorstandsfrau von TERRE DES FEMMES und SOLWODI Inge Bell.
Der
schwedische Kommissar Simon Häggström informierte
anschaulich über das „Nordische Modell“. Dieses
entkriminalisiert Frauen in der Prostitution, schützt sie
eher, es werden ihnen Ausstiegshilfen
angeboten. Die „Freier“ jedoch werden in diesem Modell
kriminalisiert und so dem Prostitutionsmarkt mit
seinen gewalttätigen Auswüchsen der Nährboden entzogen – das
Geld, das ins System Prostitution fließt.
Über die tägliche Gewalt, die sie als Prostituierte erfahren musste, sprach Sandra Norak, Überlebende der „Loverboy“ – Methode, dazu hin bei Schul- und Kinovorführungen. Sie erklärte dabei, was die psychischen Konsequenzen der Gewalterfahrungen in Bordellen und auf dem Straßenstrich sind, die vielfachen Traumata, welche die Frauen auch nach ihrem Ausstieg noch Jahre lang belasten. Und wie die aktuelle Gesetzgebung einen Push-Faktor für Menschenhandel in Deutschland darstellt. Auch sie fordert das Sexkaufverbot in Deutschland.
Ebenso sorgten die Vertreterinnen von Sisters – für den Ausstieg aus der Prostitution e.V., Marie Kaltenbach, sowie Sarah Kim von #ichbinkeinfreier bei dem studentischen Publikum in Tübingen für viele Aha-Erlebnisse, als sie ihre Beweggründe darlegten, sich für das „Nordische Modell“ einzusetzen. Ebenso neu war vielen, dass es gute Gründe gibt, sich mit ihrer Kampagne an Männer zu wenden – sowohl, weil viele den Prostitutionsmarkt mit Geld füttern; als auch, weil noch viel mehr Männer klar haben, dass es mit der Würde des Menschen nicht vereinbar ist, sich diese „Dienstleistungen“ zu erkaufen – mit Geld aus einem „Nein“ ein „Ja“ zu machen.
Publikumslieblinge
Publikumslieblinge waren fast alle dem zweiten Themenschwerpunkt „Religiöse Fundamentalismen“ zuzuordnen. Der emotional und eindringlich beleuchtete Film „Nur eine Frau“, um den bekannten Berliner „Ehren“mord, füllte bei beiden seiner Vorstellungen die Kinosäle, die ZuschauerInnen hörten fasziniert den Ausführungen von Produzentin Sandra Maischberger zur Entstehung ihres Films zu. Zu den diesjährigen Kassenschlagern zählte auch die österreichische Komödie „Womit haben wir das verdient“, die am Samstag und Sonntag für beste Unterhaltung sorgte. „Gott existiert, ihr Name ist Petrunya“, sorgte sowohl bei der Eröffnungsveranstaltung des Filmfests als auch bei der Wiederholung für gut gefüllte Säle.
Weitere Publikumslieblinge waren das gemeinschaftliche Werk von acht indigenen FilmemacherInnen von acht Südseeinselstaaten „Vai“, sowie die drei für 2020 nominierten Oscarkandidaten: der marokkanische Spielfilm „Adam“, „Die perfekte Kandidatin“ aus Saudi-Arabien sowie „Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão“ aus Brasilien. Auch Gast-Produzentin Milena Garfield fand mit ihrem Film „Savovi-Stitches“ über einen tatsächlichen Skandal von massivem Kindesraub in Serbien Anklang beim Tübinger Publikum.
Schulvorstellungen mit Gästen
Auch in diesem Jahr wurden Schulvorstellungen für junges Publikum während des Filmfestes im November angeboten. SchülerInnen konnten mit der Soziologin, Autorin und Aktivistin Necla Kelek über den Film „Nur eine Frau“ sprechen, mit Sandra Norak über „Ich gehöre ihm – Loverboy“ und mit Chelo Alvarez-Stehle über ihren persönlichen Dokumentarfilm über Missbrauch in verschiedenen Ländern „Sands of Silence, Waves of Courage“.